Tagebuch eines alten Hundes

 

Abschied von Zito

"Alles hat seine Zeit, sich begegnen und verstehen, sich halten und lieben, sich loslassen und erinnern."

Weißt du noch....

….wie du am 12. April 1998 zu mir gekommen bist und du dich erst nach drei Tagen von mir hast streicheln lasen? Ich hatte mich drei Tage einfach immer mal wieder zu dir gesetzt, ohne dich zu bedrängen. Ich habe abgewartet, bist du den ersten Schritt gemacht hast. Du hast dich getraut und ab da begann unsere Freundschaft.

...wie du auf dem Hundeplatz anfangs zwar nicht auf mich gehört hast, aber du dort sehr glücklich gewesen bist.

….wie wir gemeinsam etwas unternommen haben und ich mir immer wieder etwas neues habe einfallen müssen,, um mich für dich interessant zu machen.

...wie wir mehr und mehr zu einem Team zusammen gewachsen sind.

...wie ich durch den Clicker endlich gelernt habe, dich zu verstehen und dir das Lernen lernen leichter machen konnte.

….wie du als Zitolaus viele Menschen erfreut hast

...wie wir mit all den vielen lieben Hundefreunden wunderschöne Spaziergänge unternommen haben.

….wie du dich im Sommer immer wieder im Mais- oder Kornfeld versteckt hast..., denn du wußtest ganz genau, dass ich dich dann zu mir rufen würde und du anschließend ein Leckerchen für dein Kommen kassieren konntest. Manchmal hast du dich sogar hinter einen Baum versteckt,damit ich dich rufe...

 

….wie ich alles möglich mit dir ausprobiert habe, Agility, Dogdancing, Obedience, Turnierhundesport.... und wie du mich brav auf die unendlich vielen Hundeseminare begleitet hast.

...wie du tapfer all deine Krankheiten überstanden hast und sogar mit den Klinikaufenthalten bist du zurecht gekommen.

….wie ich dir das erste Mal das Meer gezeigt habe und wir noch so einige, sehr schöne Urlaube verbringen konnten.

...wie unermüdlich du bei den vielen Fotoshootings mitgearbeitet hast. Sogar mit deinen 16 Jahren hast du allen gezeigt, dass auch ein Senior ganze Arbeit leisten kann.

Gemeinsame Erlebnisse wird es nicht mehr geben, aber mir bleiben alle Erinnerungen, die mir trotz meiner Traurigkeit ein Lächeln auf die Lippen zaubern.

Ich konnte mich auf den Abschied vorbereiten, trotzdem ging doch alles viel zu schnell. Eigentlich unglaublich, dass der Hund, der im Januar noch fröhlich an einem Hundeshooting teilgenommen hat, so plötzlich keine Kraft und keine wirkliche Lebensfreude mehr hatte. Es zeichnete sich bereits Mitte Februar ab, dass Zito immer schwächer wurde. Es gab immer wieder Tage, an denen er nicht mehr alleine aufstehen konnte. Besonders die Kraft im linken Hinterbein und rechtem Vorderbein ließ enorm nach. Er hechelte vermehrt, trank viel, die Spaziergänge wurden noch kürzer.


In den letzten Tagen konnte sich Zito kaum noch auf seinen Beinen halten. Wenn er nachts raus musste, habe ich ihn vom Garten zurück ins Haus getragen, weil er durch den Hinweg schon erschöpft gewesen ist. Zito schlief noch mehr als sonst und wenn er ein paar Schritte gelaufen war, sackte er in sich zusammen, legte sich auf die Seite und rührte sich nicht mehr. Zwischendurch gab es immer mal wieder einen kurzen „Aufschwung“ und Hunger hat er bis zum Schluss gehabt..., dabei habe ich immer gesagt, es ist dann vorbei mit Zito, wenn er mal nichts mehr fressen möchte, aber es kommt oft anders, als man denkt.....


Von Samstag bis Montag ging es dann ziemlich rapide bergab. Ich ahnte bereits, dass der Abschied nun bald kommen würde. Nachts wurde Zito immer unruhiger, es fiel im schwer, seine Liegepositon zu ändern und er war fast zu schwach, um von seiner Wohnzimmerkudde in die Schlafzimmerkudde zu wechseln, was er üblicherweise gemacht hat. Also habe ich ihm dabei geholfen, sich zu drehen und ich habe ihn von seiner Wohnzimmerkudde in die Schlafzimmerkudde getragen. Ich habe mich in den letzten drei Nächten zu ihm auf den Boden gelegt, da ich ihm so Ruhe und vielleicht auch ein bisschen Kraft und Sicherheit geben konnte.


Am Montag und Dienstag hatte ich mir Urlaub genommen. Ich sprach mit der Tierärztin. Ich war mir noch nicht sicher, ob es nun Zeit war. Ich war mir auch nicht sicher, ob es für Zito besser wäre, in der Praxis „einzuschlafen“, weil es ihn doch sicherlich sehr aufgeregen würde, wenn die Tierärztin zu uns ins Haus kommen würde. Wir vereinbarten erst einmal, dass sie vorbei kommen würde, um sich ein Bild von Zitos Allgemeinbefinden zu machen. Zito lag in seiner Kudde als die Tierärztin kam. Er hob noch nicht einmal den Kopf, um zu schauen, wer denn da gekommen war. Wer weiß, wie territorial Zito immer gewesen ist und mit welcher Kraft er sogar ihm bekannte Menschen zu Hause verbellt hat, der kann sich vorstellen, wie es ihm ging. Die Tierärztin hat Zito nicht großartig untersucht. Sie hat ihn angeschaut und gesagt, dass ich sie jederzeit jederzeit anrufen kann, wenn ich denke, dass es soweit ist. Als sie dann den Raum verließ, hob Zito doch noch seinen Kopf, nahm „Witterung“ auf und bellte der Tierärzin einmal nach-...so war er, mein Zito....-


In der letzten Nacht war ich mir dann sicher, dass ich den letzten Schritt mit Zito gehen musste. Alles andere wäre nur ein Hinauszögern von Tagen, vielleicht auch weniger Wochen gewesen. Da setzte nun doch ein schlechtes Gewissen ein. Denn wenn ich nicht berufstätig gewesen wäre, wenn ich ebenerdig und mit Terrassentür zum Garten gewohnt hätte und wenn ich noch mehr Kraft gehabt hätte, ihn zu tragen, wenn ich jemanden gehabt hätte, der mich dauerhaft hätte unterstützen können, dann hätte ich Zito diese Tage mehr als gegönnt. Wobei ich mir auch nicht wirklich sicher war, ob er nicht vielleicht doch, warum auch immer, große Schmerzen hatte.

Am Montag morgen war ich noch für eine Minirunde von etwa 10 Schritten im Feld. Zitos Blick zeigte keine Lebensfreude mehr und nach seinem Frühstück legte er sich wieder in seine Kudde und bewegte sich nicht. Ich rief die Tierärztin an, sie kam eine halbe Std. später. Zito nahm sie nicht zur Kenntnis. Während sie Zito Morphium spritzte, leckte Zito unbeirrt eine Leberwursttube leer. Trotzdem war ich mir sicher, richtig gehandelt zu haben. Das Morphium wirkte und noch bevor die Tierärztin mit der zweiten Spritze das gesamte Narkosemittel geben konnte, hörte Zitos Herz auf zu schlagen. Eine Überdosierung war nicht notwendig, so schwach war er bereits.
Zito ist in meinen Armen, friedlich und ohne Kampf, am 4. März über die Regenbogenbrücke gegangen. Er fehlt mir sehr und ich sehe ihn noch überall, aber ich weiß auch, dass seine Zeit abgelaufen war.

Ich habe in all den Jahren, besonders in den ersten, vieles falsch gemacht, aber ich hoffe, dass ich Zito doch ein überwiegend glückliches Hundeleben ermöglichen könnte. Abwechslungsreich und spannend ist es auf jeden Fall gewesen.
Zito hat für mich ein Stück meiner Geschichte mitgeschrieben. Ich bin froh und dankbar, dass er mich fast 16 Jahre begleitet hat.

Januar-März 2014

 

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